Geschichte und Schreibstil
C.M. Spoerris Auftakt der Greifen-Saga lässt mich tatsächlich mit unterschiedlichen Gefühlen kämpfen…
Wir befinden uns in Altra, einem Reich, das aus sechs Regionen – u.a. auch Chakas – besteht. Dort in der Stadt lernen wir Mica und ihren Bruder Faím kennen, die bei den Kanalratten leben. Diese bilden die unterste Schicht der Bevölkerung. Mica träumt von einem besseren Leben, beispielsweise ein Teil der Diebesgilde zu werden. Außerdem trägt sie Magie in sich. Doch bei den Kanalratten hat all dies keine Bedeutung. Als eines Tages ein Raub der Bande schief geht, wendet sich das Blatt sowohl für Mica als auch für Faím. Hier fängt ihr Abenteuer an, bei dem wir die beiden begleiten dürfen.
Besonders zu Anfang, als die Protagonisten, das Worldbuilding sowie die verschiedenen „Schichten“ der Bevölkerung erklärt wurden, zog es sich für mich leider stellenweise. Ohne Zweifel ist der Weltenbau gut konstruiert und mutet allemal Einzigartigkeit an. Wie gerne habe ich mich in dieses fremde Reich entführen lassen.
Gefühlt überflog ich aber teilweise so manche Zeilen, da ich lieber in der Story selbst vorankommen wollte, als noch mehr über das Leben in Chakas oder das als Kanalratte zu erfahren. Auch ohne größere Ausschweifungen und den ausführlichen Gedanken von Mica, die dem Leser so regelmäßig ihr Leid klagte, hätte ich mit ihr mitfühlen können. Denn dies lag nicht zuletzt an dem außerordentlich bildlichen Schreibstil von Corinne. Deswegen wären einige Abschnitte für mich nicht nötig gewesen und erschwerten mir somit etwas den Lesefluss.
Ab ca. 40 Prozent, sobald ich mich an die Perspektivwechsel zwischen Mica, Faím und Néthan (einem zunächst nicht einordbaren „Sandschurken“) gewöhnt habe und endlich Fahrt in die eigentliche Geschichte aufkam, wollte ich nicht mehr mit dem Lesen aufhören. Aufgrund der immer häufiger wechselnden Sichtweisen kam unendlich viel Spannung auf, wobei ich die Seiten von Faim und Nethan mit am spannendsten erachtete. Ich denke, dass dies daran lag, dass beide seltener zu Wort kamen und ihre Storyline dadurch in weniger Seiten schneller erzählt werden musste. Micas Seiten mochte ich ebenfalls, die ständigen Gedankengänge, die sich gerne mal etwas ausweiteten, blieben für mich jedoch eher uninteressant.
Die Charaktere an sich waren aber wirklich überzeugend gestaltet. Sie schienen so echt und so toll ausgearbeitet, dass ich meinte, sie laufen gerade neben mir oder dachte gar, ich könnte sie anfassen. Auch die Entwicklung der Protagonisten blieb nicht auf der Strecke, denn ich fühlte, welche Wandlungen sie teilweise durchmachten. Vor allem Faim überraschte mich da sehr. Auch hier hat die Autorin wunderbare Arbeit geleistet.
Corinne schreibt – wie bereits erwähnt – angenehm bildlich, sodass ich mich leicht und schnell in die Geschichte einfinden konnte. Sie hat es geschafft, mich am Ball zu halten, da ich trotz der bereits genannten Schwierigkeiten recht flüssig durch die Seiten fliegen konnte. Besonders, weil sich C.M. Spoerri für keine Überraschung zu schade war. Auch nicht, als mich die Geschichte zum Schluss einfach in der Luft hängen ließ. Wie kann man mich nur so auf die Folter spannen und da enden, wo gerade alles etwas klarer wird und Erkenntnisse zutage treten?
Zu schnell war der erste Teil der Saga also irgendwie vorbei. Ohne dass ich schlussendlich so wirklich wusste, was zum Teufel das alles soll. Wer es nicht mag, quasi mittendrin abgesägt zu werden, sollte entweder die Finger von der Greifen-Saga lassen oder direkt den nächsten Teil parat haben. Denn: was mach ich nun bloß?! Ich will wissen wie es weitergeht!